Verkündigung (Reinhold Ewald 1923)

Der Engel trat bei Maria ein und sagte: Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dir.

In kühnem Schwung bricht der Engel bei Maria ein. Das seiner Natur nach körperlose Wesen hat einen Leib angenommen, um sichtbar zu sein und der jungen Frau eine Nachricht zu bringen. Tänzerisch setzt der Freudenbote seine Schritte, den Stab graziös in der Hand. Einem Liebhaber gleich bringt er Kunde von dem Kind, das die Jungfrau gebären soll.

Maria erschrak über die Anrede und überlegte, was dieser Gruß zu bedeuten habe.

Maria sitzt an einer Bank und hat ein Buch vor sich. Bilder alter Meister zeigen oft Maria mit der Bibel, als der Engel zu ihr eintritt und deuten damit an, dass sie bereit war für das Wort Gottes. Andererseits wird Maria hier nicht mit Schleier gezeigt, ohne den keine Frau sich in die Öffentlichkeit wagte. Stattdessen sitzt Maria mit offenem, rötlich schimmernden Haar dem Engel gegenüber: eine sehr intime Szene.

Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Deshalb wird auch das Kind heilig und Sohn Gottes genannt werden.

Doch nicht der Engel bewirkt, was geschehen soll, sondern Gott. Um das anzudeuten, fällt Licht aus der Höhe durch ihn hindurch auf Maria. Der Hintergrund setzt Details der Architektur des umgebenden Kirchenraumes ins Bild. Das will besagen, dass die Quelle aller Gnade Gott selbst ist, der an diesem Ort wohnt. Hier wird in der Liturgie das Geheimnis der Menschwerdung gefeiert.

Da sagte Maria: Ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast.

Ergeben legt Maria ihre Hände ineinander. Den Blick hält sie gesenkt. Ihre ganze Haltung drückt die Bereitschaft aus, Mutter ihres Herrn zu werden.


publiziert in:
Würzburger katholisches Sonntagsblatt 22.3.1998, S. 9