Die Turmuhr

Ein nie realisierter Plan

Die Dettinger Kirche ist aus rotem Mainsandstein erbaut. In regelmäßigen Abständen durchziehen das Mauerwerk horizontale Ziegelbänder. Sie suggerieren Geschosshöhen, obwohl sie nur einen Abstand von 1,4 Metern aufweisen. Dadurch wirkt der Bau größer als er ist.

Der Sandstein ist als grober Bruchstein verbaut. Einzig die Ecksteine und der obere Turmabschluss sind glatt behauen. Umso mehr fallen einige bossierte Steine an der linken Turmecke auf, in deren Mitte eine quadratische Bohrung zu erkennen ist. Was hat es mit diesen Steinen auf sich?

Kirchturm Dettingen

Entsprechend der ursprünglichen Planung sollte an dieser Stelle eine Turmuhr installiert werden. die Zifferblätter sollten zweiseitig, also zur Luitpold- wie zur Schulstraße hin angebracht werden. Und Dominikus Böhm, der Architekt der Kirche, hatte dafür auch bereits Entwürfe angefertigt. Die Pläne liegen im historischen Archiv der Stadt Köln, wo der Nachlass Böhms aufbewahrt wird.

Dominikus Böhm - Entwurf einer Turmuhr für Dettingen
Dominikus Böhm - Entwurf einer Turmuhr für Dettingen

Auffällig ist vor allem die Gestaltung der Ziffern, die eine ausgesprochene expressive Form annehmen. Der rechte Entwurf bezieht die in der Kirche vorherrschende Dreiecksform auch in die Gestaltung des Zifferblattes mit ein: Minuten und Stunden sind durch nach außen weisende Dreiecke markiert. In beiden Entwürfen sollten die Zifferblätter offenbar durch quadratische Grundplatten hinterfangen werden, was die bossierten Steinflächen am Turm verdeckt, die Ablesbarkeit der Zeitanzeige hingegen verbessert hätte. Die linke Konstruktion sollte zudem dreidimensional auskragen und eine flache stufenweise Pyramidenfom annehmen.

Es ist unklar, warum keine Kirchturmuhr installiert wurde. Vermutlich geschah das aus Kostengründen.

Kirche Dettingen Umbauplan von 1938

Im Rahmen der Umbaupläne 1938 wurde der Gedanke aber nochmals aufgegriffen. Pfarrer Hugo Dümler monierte zunehmend, dass die Glocken in dem niedrigen Turm nicht im ganzen Dorf gehört werden könnten. Böhm entwarf daraufhin eine Aufstockung und das Vorziehen der Grundfläche bis fast an die Grundstücksgrenze (Schulstraße). Im Zuge dessen sollte auch ein Rundbau als Taufkapelle angeschlossen werden. Der Turm zeigt wiederum an der linken Ecke eine Turmuhr. Das Zifferblatt ist in dieser Ansicht noch nicht durchgestaltet. Erkennbar ist jedoch, dass eine glatte Steinfläche als Untergrund – wie noch 1923 – nicht mehr vorgesehen war. Die Uhr sollte auf dem gewöhnlichen Bruchsteinmauerwerk montiert werden und den Blick darauf auch nicht verdecken.

Obwohl alles dafür vorbereitet war, wurde in der Dettinger Pfarrkirche nie eine Turmuhr installiert. Nachdem Uhr und Schlagwerk der Hippolytkirche 1977 von Anton Schmitt wieder in Gang gesetzt wurden, wird es auch hundert Jahre später kaum eine Chance auf eine Realisierung der ursprünglichen Planung finden. Es sei denn, es findet sich ein großzügiger Sponsor.


Originalbeitrag von Michael Pfeifer