Vasa sacra

Ein Kelch und eine Custodia aus den 1940er Jahren

Golden und silbern glänzen die Geräte, die gut gesichert in einem massiven Panzerschrank in der Sakristei aufbewahrt werden. Dabei ist es nicht nur der materielle Wert der Gegenstände, sondern vor allem auch ihr künstlerischer, der diese Sicherungsmaßnahme angebracht erscheinen lässt. Denn die Geräte sind eigens für die Kirche entworfen und angefertigt worden. Es gibt sie kein zweites Mal. Damit unterscheiden sie sich von mancher „Katalogware“, die in vielen Kirchen benutzt wird.

Als Vasa Sacra bezeichnet man Gefäße und Geräte, die im Rahmen der Gottesdienste verwendet werden. Nicht selten entwerfen bereits die Architekten oder die von ihnen beauftragten Künstler das Inventar einer Kirche. So hatten Böhm und Weber den Frankfurter Bildhauer und Medailleur Paul Seiler gebeten, die Aposteltafeln für den Hochaltar und die Statuen der Kirchenpatrone vor dem Eingangsportal zu gestalten. Böhm selbst entwarf die Fenster und viele andere Details des Bauwerks. Andere Kirchenbaumeister wie Rudolf Schwarz (1897–1961) trieben viel Aufwand, um beispielsweise einem Messkelch die ideale Form zu geben.

Custodia-Entwurf
Custodia

Nach Ausweis der Kirchenrechnungen wurde die Custodia 1948 von der Kunstwerkstätte Merget & Klein in Kleinkrotzenburg gefertigt. Der Stempel „M.K.“ im Fuß bestätigt dies. Auch eine Entwurfsskizze ist im Pfarrarchiv erhalten. Allerdings wurde bei der Ausführung eine schlichtere Form gewählt. Die dreifache Krone, die auf die Dreifaltigkeit bezogen werden kann, fehlt ebenso wie die Taube am oberen Ende des Schaftes. Auch ist dieser nicht dreifach gegliedert, sondern in einem Stück gearbeitet.

In einer Custodia (lat. Wächterin) wird die große Hostie für die Aussetzung in der Monstranz aufbewahrt. Sie steht daher normalerweise den Blicken unzugänglich im Tabernakel. Sie zeigt auf der Vorderseite einen Fisch im Wasser und einen Korb mit Broten im Strahlenkranz. Auf der Rückseite, die sich als Tür öffnen lässt, sind die Anfangsbuchstaben der griechischen Form des Namens Jesus eingearbeitet. Den Fuß zieren vier Medaillons der Evangelistensymbole. Der Aufbau ist gekrönt von einem Kreuz, in das ein Halbedelstein eingelassen ist.

Kelch-Entwurf
Kelch-Set

Der Kelch greift – deutlicher noch als die Entwurfsskizze – die vorherrschende Dreiecksform der Kirche auf. Am Fuß ist ein Medaillon eingearbeitet, das einen Pelikan zeigt, der seine Jungen mit dem eigenen Blut füttert. Das verweist auf den Zweckbestimmung des Kelchs: die Aufnahme des Blutes Christi, der es zum Heil der Menschheit vergossen hat. Den Fuß umläuft ein Schriftband mit dem dreimaligen „Sanctus“ (lat. heilig), das regelmäßig zu Beginn des Eucharistiegebetes erklingt. Sechs Halbedelsteine zieren den Knauf. Zum Kelch gehören eine Patene für die Hostie und ein Löffel für die Mischung des Messweins mit den seinerzeit üblichen drei Tropfen Wasser sowie eine Schatulle für das gesamte Set.

Auch der Kelch ist mit „M.K.“ punziert und stammt also ebenfalls von Merget & Klein. Eine Rechnung existiert nicht. Möglicherweise handelt es sich um eine Stiftung.

Der Kelch war lange Jahrzehnte nur selten in Gebrauch. Pfarrer Wombacher und Kurat Seidel verwendeten ihre jeweiligen Primizkelche. Der Kelch aus den 1940er Jahren wurde vor allem von Zelebrationsgästen benutzt. Heute ist er regelmäßig in Gebrauch.

Kelch und Custodia sind hochwertige Vasa sacra – vermutlich die beiden einzigen Stücke, die eigens für die Dettinger St.-Peter-und-Paul-Kirche gefertigt wurden.


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